PMCF für Legacy Devices und frühzeitige MDR Produkte

Die Medical Device Regulation (MDR) 2017/745 hat den Regulierungsrahmen für Medizinprodukte gegenüber den teils unklaren Vorgaben in der MDD konkretisiert. Besonders im Fokus stehen hierbei Legacy Devices und der Post-Market Clinical Follow-up (PMCF). Legacy Devices, also Medizinprodukte, die bereits vor Inkrafttreten der MDR auf dem Markt waren oder rechtmäßig in Verkehr gebracht wurden (bspw. unter der MDD), wurden oftmals unter weniger strengem Augenschein in Verkehr gebracht. Insbesondere jene Produkte, die über die Äquivalenzroute zur CE-Zulassung gelangten, stehen heute besonders im Fokus, da ggf. wichtige klinische Parameter nicht im Detail untersucht wurden. Diese Ausgangslage führt dazu, dass die vorhandenen Daten nicht immer den heutigen regulatorischen Anforderungen genügen und Hersteller gezwungen sind, gezielte Maßnahmen zur „Nachbesserung“ zu ergreifen.

Erfahrungswerte mit Legacy Devices und PMCF

Die bisherigen Erfahrungswerte zeigen, dass bei Legacy Devices die Datenbasis häufig unzureichend ist, um eine lückenlose Bewertung der klinischen Sicherheit und Leistungsfähigkeit zu ermöglichen. Für Medizinprodukte in niedrigen Risikoklassen reichen oftmals allgemeine PMCF-Maßnahmen wie kontinuierliche Überwachung nach dem Inverkehrbringen, regelmäßige Literaturanalysen und das Sammeln von Feedback aus der klinischen Praxis aus, um potenzielle Langzeiteffekte und seltene unerwünschte Ereignisse zu identifizieren. Bei höher eingestuften Produkten, vor allem solchen, die über die Äquivalenzroute zugelassen wurden, ist jedoch ein intensiverer Ansatz notwendig. Hier haben sich spezifische PMCF-Maßnahmen wie prospektive klinische PMCF-Studien, die Einrichtung von Patientenregistern oder gezielte Datenerhebungen in definierten Kohorten als gute Lösungen etabliert. Diese spezifischen Maßnahmen dienen dazu, kritische Sicherheits- und Leistungsparameter detailliert zu erfassen und eventuelle Lücken in der ursprünglichen Datengrundlage zu schließen.

Kleine Klasse kleine Sorgen, große Klasse große Sorgen?

Die Problematik unzureichender Daten tritt nicht nur in Abhängigkeit von der Risikoklasse auf, sondern variiert auch je nach Größe des Herstellers. Größere Unternehmen verfügen häufig über mehr Ressourcen und eine etablierte Infrastruktur, die ihnen den Zugang zu umfangreichen klinischen Daten ermöglichen. Diese Hersteller können oftmals auf bestehende Studien und kontinuierliche Überwachungsprogramme zurückgreifen, um die Datenbasis zu ergänzen. Kleinere Unternehmen hingegen stehen vor der Herausforderung, dass die zur Verfügung stehenden Mittel begrenzt sind. In solchen Fällen ist der Einsatz kollaborativer Studien oder Partnerschaften mit Kliniken und Forschungseinrichtungen oft der praktikabelste Weg, um den Nachweis der klinischen Sicherheit und Leistungsfähigkeit zu erbringen, sollten allgemeine PMCF-Maßnahmen nicht ausreichen.

Die Frage, wie oft die vorhandenen Daten nicht ausreichen, lässt sich nicht pauschal beantworten, da dies von der Art des Produkts, dessen Risikoprofil und der ursprünglichen Datengrundlage abhängt. Es zeigt sich jedoch, dass insbesondere bei Legacy Devices, die über die Äquivalenzroute den Weg in den Markt gefunden haben, häufiger Nachbesserungsbedarf besteht.

Frühe MDR-konforme Medizinprodukte und PMCF

Medizinprodukte, die in der Übergangsphase von MDD zu MDR zertifiziert wurden (MDR-konforme Medizinprodukte der ersten Stunde), weisen oftmals nur begrenzte PMCF-Aktivitäten auf. Diese frühe Zertifizierung unter weniger strengen Bedingungen (auch der Tatsache geschuldet, dass sowohl Hersteller als auch benannte Stellen erst Erfahrungen mit der konkreten Umsetzung der MDR-Anforderungen erlangen mussten) bedeutet, dass in der weiteren Planung ein erhöhter Aufwand zur Ergänzung klinischer Nachweise notwendig ist.

Für die Zukunft dieser frühen MDR-Produkte ist es daher entscheidend, dass Hersteller eine umfassende Strategie entwickeln, um bestehende Datenlücken systematisch zu schließen. Dies erfordert eine gründliche Überprüfung der ursprünglichen Zulassungsunterlagen und ggf. durchgeführten klinischen Studien sowie eine detaillierte Gap-Analyse, die konkret aufzeigt, welche Informationen aktuell fehlen. Dies erfolgt in der Regel im Rahmen der klinischen Bewertung, die Planung kurzfristiger Maßnahmen als auch langfristiger Strategien zur kontinuierlichen Datenerhebung sind in einem PMCF-Plan zu erfassen. Der Aufbau eines intensiven Dialogs mit den zuständigen Regulierungsbehörden und benannten Stellen ist hierbei von zentraler Bedeutung, um Unsicherheiten frühzeitig zu klären und Übergangslösungen zu entwickeln, die den aktuellen Anforderungen entsprechen. Eine erneute Risikobewertung der Produkte ist ebenso notwendig, um den veränderten Erkenntnissen Rechnung zu tragen und gezielt klinische Nachweise zu ergänzen. Letztlich wird der Erfolg dieser Maßnahmen daran gemessen, dass Patientensicherheit und Leistungsfähigkeit der Produkte langfristig gewährleistet werden können, was nicht nur den regulatorischen Vorgaben, sondern auch den hohen Erwartungen der Anwender und dem Wohl der Patienten gerecht wird.

Die Empfehlungen des Team NB

In der dritten Revision des Team NB Position Papers „Best Practice Guidance for the Submission of Technical Documentation under Annex II and III of Medical Device Regulation (EU) 2017/745” wird die Erwartungshaltung der benannten Stellen an PMCF-Daten im Gegensatz zur vorherigen Revision deutlich formuliert. Dies beginnt bereits bei der Auswahl der „Similar Devices“ (The similar devices […]  should align with those identified in the clinical evaluation, including the PMCF plan.), geht weiter bei der Tatsache, dass für alle Einreichungen mindestens ein PMCF-Plan beiliegen muss und das Streamling der Aktualisierungszyklen des CER.

Die häufigsten vom Team NB identifizierten Stolpersteine bezüglich der PMCF sind:

  • Der PMCF-Plan enthält nicht alle in Anhang XIV Teil B geforderten Elemente.
  • Der PMCF-Bericht ist unvollständig und enthält keine Einzelheiten zum Status der Aktivitäten.
  • Im PMCF-Plan wird nicht klar zwischen allgemeinen und spezifischen PMCF-Aktivitäten unterschieden und/oder es wird nicht begründet, warum spezifische PMCF-Aktivitäten nicht durchgeführt werden, sofern dies angemessen ist.
  • Wesentliche Änderungen der PMCF-Aktivitäten werden der benannten Stelle nicht vor ihrer Durchführung mitgeteilt.

Das Team NB gibt auch noch weiteren Einblick in mögliche Datenquellen:

  • Registry-Studien sammeln systematisch Daten zu bestimmten Geräten, oft auf nationaler Ebene, um das Wissen über Sicherheit und Leistung zu verbessern. Diese Studien basieren auf realen Erfahrungen, können jedoch durch retrospektive Dateneingabe und Compliance-Probleme verzerrt sein.
  • Hochwertige Umfragen, die auf Patientenebene durchgeführt werden, müssen klar definierte Endpunkte haben und die Stichprobengröße statistisch berechnet werden. Eine angemessene Datenanalyse ist entscheidend. Hersteller müssen die Anzahl der erforderlichen Umfragen sorgfältig planen, da unzureichende Überlegungen die Qualität der Daten beeinträchtigen können.
  • Wenn spezifische PMCF-Aktivitäten nicht in der EU durchgeführt werden, ist eine Begründung erforderlich. Die Ziele der PMCF-Aktivitäten sollten mit denen der klinischen Bewertung übereinstimmen.

Insgesamt zeigt sich, dass die Weiterentwicklung von Legacy Devices und früh zugelassenen MDR-Produkten ein vielschichtiger, kontinuierlicher Prozess ist. Die Kombination aus einer detaillierten Vorabanalyse, dem Einsatz differenzierter PMCF-Maßnahmen und der konkreten Planung dieser Maßnahmen in einem PMCF-Plan bildet die Grundlage für den nachhaltigen Erfolg dieser Produkte. Hersteller, die diesen Weg konsequent gehen, können den Herausforderungen der MDR begegnen und den Weg für sichere und leistungsfähige Medizinprodukte in der Zukunft ebnen, das Team der seleon GmbH kann Sie hierbei unterstützen.

Bitte beachten Sie, dass alle Angaben und Auflistungen nicht den Anspruch der Vollständigkeit haben, ohne Gewähr sind und der reinen Information dienen.