Der vertraute Klang des Klinikalltags

Beim Besuch einer Klinik, insbesondere einer Intensivstation, ist das ständige Piepsen allerlei Gerätschaften und Systeme für den Laien sehr irritierend und meist ist es auch nicht nachvollziehbar, warum das Personal so manches Gerät einfach weiter piepsen lässt, bei anderen jedoch plötzlich herbei eilt. Doch für das Klinikpersonal, das diese Entscheidungen wohl überlegt trifft, und auch für die Patienten ist die ständige Geräuschkulisse durch Alarm- und Signaltöne eine ernstzunehmende Belastung. Ganz davon zu schweigen, dass viele Geräte zusätzlich auch noch vor sich hin blinken, was nicht zur Erleichterung beiträgt.

Die Verwendung von Signalen wird insbesondere in der IEC 60601-1-8 vorgegeben und umfasst folgende Arten:

  • Hörbare Alarmsignale
  • Sichtbare Alarmsignale
  • Andersartige Alarmsignale

Auf IEC-Ebene wurde bereits 2020 mit dem Amendment 2 eine Aktualisierung dieser Norm vorgenommen, die deutsche Fassung DIN EN 60601-1-8 (auch bekannt als VDE 0750-1-8) ist seit Dezember 2021 in Kraft. Es gilt für letztere eine Übergangsfrist bis zum 06.07.2024. Laufende Entwicklungen medizinischer Geräte sollten sich daher bereits jetzt an dieser Neufassung orientieren – das Ende der Übergangsfrist befindet sich nicht einmal eineinhalb Monate nach dem Ende der MDR Übergangsfrist! Die nunmehr zweite Überarbeitung führte allerdings dazu, dass Informationen zu spezifischen Themen häufig über die Definitionen, den Hauptabschnitt, betroffene Abschnitte sowie mehrere Anhänge verteilt sind. Es lohnt sich daher eine sehr intensive Auseinandersetzung. Gegenüber der Änderung 1 von 2013 sind 20 neue Begriffsdefinitionen hinzugekommen, die Abschnitte Alarme und Prioritäten sowie Sichtbare Alarme wurde jedoch nicht oder nur geringfügig geändert. Werfen wir einen Blick auf die Themenfelder:

Alarme und Prioritäten

Die Norm definiert recht klar, was ein Alarm ist bzw. in welchen Situationen überhaupt ein Alarm ausgegeben werden sollte. Gleichzeitig werden die Risiken häufiger, unnötiger, falscher und sonstiger nicht notwendiger Alarmsignale hervorgehoben. Für Entwickler und Hersteller von Medizinprodukten ergibt sich die Forderung, alle Alarme vom Risikomanagement her zu betrachten und andere Signale hinsichtlich möglicher Risiken zu bewerten. Gleichzeitig erfolgt eine Zuweisung von Prioritäten an die einzelnen Alarmbedingungen, mit Auswirkungen darauf, wie die Alarme darzustellen sind.
Schließlich werden auch Erinnerungs- und Informationssignale betrachtet und gegenüber Alarmen abgegrenzt.
Die konsequente Anwendung dieser Norm ist mit Sicherheit ein Beitrag zur akustischen und optischen Entlastung von Pflegepersonal und Patienten.

Sichtbare Alarmsignale

Sichtbare Alarmsignale folgen wie bereits in der vorherigen Ausgabe der Norm einem Ampelsystem. Wird dieses Ampelsystem befolgt, kann es einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, dass das Pflegepersonal kritische Situationen korrekt erkennt und entsprechend eingreifen kann.

Hörbare Alarmsignale

In diesem Abschnitt hat es gegenüber der vorherigen Ausgabe wesentliche Veränderungen gegeben. Diese Änderungen werden im Anhang begründet und basieren auf den Ergebnissen umfangreicher Studien. So werden die bisherigen melodieartigen Piep-Tonfolgen abgelöst von einer Kombination aus hörbaren Hinweisen und hörbaren Symbolen, die zu einer besseren räumliche Ortung der Quelle und schnellerem Erkennen des Grundes des Alarms beitragen sollen. Den Individualisten wird ein Validierungspfad für abweichende Signale an die Hand gegeben. Ähnliches gilt für verbale und sonstige Signalformen.

Alarminaktivierung

Manch ein Anwender mag die Flucht aus der Signalflut mittels schnellen „Wegdrückens“ wählen, d.h. Bestätigen, Stummschalten oder Deaktivieren von Alarmen ohne sie vollständig zur Kenntnis genommen zu haben. Die neue Fassung der Norm ergänzt hier einige Regeln. Für den Hersteller ergibt sich aus der Vielzahl von Möglichkeiten der Alarminaktivierung (dem „Wegdrücken“) die Notwendigkeit, eine klare Strategie zu entwickeln, damit die Situation für den Anwender überschaubar und verständlich bleibt und der Alarm gebührend zur Kenntnis genommen wird.

Verteilte Systeme

Die neue Normfassung trägt der zunehmenden Komplexität in Kliniken unter anderem dadurch Rechnung, dass „Verteilte Alarmsysteme“ und „Verteilte Informationssystem über Alarmbedingungen“ in eigenen Abschnitten gewürdigt werden. Hersteller von Medizinprodukten sollten sich hierauf rechtzeitig einstellen, da hierbei eine enge Verzahnung mit klinischen Abläufen erforderlich wird.

Fazit zur neuen Ausgabe

Die neue DIN EN 60601-1-8:2021-12 „Medizinische elektrische Geräte – Teil 1-8: Allgemeine Festlegungen für die Sicherheit einschließlich der wesentlichen Leistungsmerkmale – Ergänzungsnorm: Alarmsysteme – Allgemeine Festlegungen, Prüfungen und Richtlinien für Alarmsysteme in medizinischen elektrischen Geräten und in medizinischen elektrischen Systemen“ integriert neue Erkenntnisse und Entwicklungen in Bezug auf Alarme im klinischen Umfeld. Bei konsequenter Anwendung einheitlicher Signale und einem Einsatz gemäß dem risikobasierten Ansatz können Hersteller zu einer deutlichen Entlastung von Klinikpersonal und Patienten und zu einem harmonischeren Klang beitragen. Sie möchten mit Ihrem Produkt auch gerne den Ton angeben? Wir helfen Ihnen gerne dabei, den richtigen zu finden!

Bitte beachten Sie, dass alle Angaben und Auflistungen nicht den Anspruch der Vollständigkeit haben, ohne Gewähr sind und der reinen Information dienen.