Die Zukunft des Sicherheitsbeauftragten für Medizinprodukte nach dem Medizinproduktegesetz (MPG) § 30 war mit der Planung der neuen Verordnung zunächst unklar. Nach Erscheinen der MDR wurde jedoch deutlich: Es gibt ihn weiterhin in der Medizintechnik. Doch, Achtung, der Sicherheitsbeauftrage (SIBA) nach MPG und die „Verantwortliche Person“ (VP) in der neuen MDR sind nur auf den ersten Blick vergleichbar und übernehmen in Zukunft viel mehr Aufgaben als bislang.

Wir machen den Vergleich in den Bereichen Post-Market-Surveillance und Vigilanz und stellen Unterschiede sowie neue Aufgaben fest.

Anforderungen/Nachweis von Sachkenntnissen

Für den Sicherheitsbeauftragten fordert das Gesetz für Medizinprodukte (MPG) § 30:

1. eine Hochschulausbildung im naturwissenschaftlichen, technischen oder medizinischen Bereich ODER eine andere Ausbildung, die den SIBA befähigt, seine Aufgaben auszuführen, UND

2. mindestens zwei Jahre Berufserfahrung. 

Die „Verantwortliche Person“ der MDR muss ihr Fachwissen darlegen über

1. Hochschulausbildung in Recht, Medizin, Pharmazie, Ingenieurwesen oder einem anderen relevanten wissenschaftlichen Fachbereich und ein Jahr spezifischer Berufserfahrung (Regulierungsfragen oder QM im Zusammenhang mit Medizinprodukten) oder

2. vier Jahre relevante Berufserfahrung (Regulierungsfragen oder QM im Zusammenhang mit Medizinprodukten).

Zusammengefasst:

Eine Hochschulausbildung fordert bei der Verantwortlichen Person (MDR) nur noch ein Jahr Berufserfahrung, und das Feld der zugelassenen Studienrichtungen ist breiter, verglichen mit dem Sicherheitsbeauftragten.

Wenn kein Hochschulabschluss vorliegt, so wird bei der Verantwortlichen Person (MDR) eine vierjährige Berufserfahrung vorausgesetzt. Es wird keine Ausbildung verlangt. Der Sicherheitsbeauftragte hingegen benötigt eine Ausbildung, die ihn für seine Aufgaben befähigt, und zwei Jahre Berufserfahrung.

Aufgaben

Hier treten die Unterschiede zwischen SIBA und VP sehr deutlich zutage. Das MPG fordert vom Sicherheitsbeauftragten „nur“, dass er sich um Meldungen über Risiken kümmert: Daten sammelt, bewertet und notwendige Maßnahmen koordiniert.

In der MDR bietet schon die Begriffsdefinition bzw. die Artikelüberschrift einen klaren Unterschied zum Sicherheitsbeauftragten: „Artikel 15. Für die Einhaltung der Regulierungsvorschriften verantwortliche Person“. Das Aufgabenfeld umfasst die Verantwortung für 

1.            die Prüfung der Konformität der Produkte vor Freigabe,

2.            die Erstellung und Pflege der technischen Dokumentation,

3.            die Überwachung nach dem Inverkehrbringen,

4.            die Erfüllung der Berichtspflicht für

               a.           Meldung von schwerwiegenden Vorkommnissen und

                             Sicherheitskorrekturmaßnahmen im Feld (Artikel 87)

               b.           Meldung von Trends (Artikel 88)

               c.           Analyse schwerwiegender Vorkommnisse und

                             Sicherheitskorrekturmaßnahmen im Feld (Artikel 89)

               d.           Analyse der Vigilanz-Daten (Artikel 90)

               e.           Durchführungsrechtsakte (Artikel 91),

5.            im Fall von Prüfprodukten die Erklärung abzugeben, dass das Prüfprodukt den grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen entspricht mit Ausnahme der in der klinischen Studie zu beweisenden Leistung.

Die Aufgaben des bisherigen Sicherheitsbeauftragten entsprechen also weitgehend den in Punkt (4) genannten Aufgaben der Verantwortlichen Person (VP) bezüglich der Vigilanz.

Die Verantwortung der VP (MDR) erstreckt sich mit Punkt (3) und (4) über den ersten und zweiten Abschnitt von Kapitel VII der MDR, das den langen Namen „Überwachung nach dem Inverkehrbringen, Vigilanz und Marktüberwachung“ trägt und damit schon die insgesamt drei Abschnitte beschreibt.

Der erste Abschnitt „Überwachung nach dem Inverkehrbringen“ (englisch: Post market surveillance, kurz PMS), der sich in Aufgabenpunkt (3) der Verantwortlichen Person widerspiegelt, fordert für die PMS über die gesamte Lebensdauer eines Medizinprodukts ein System für die Überwachung (Art. 83), einen Plan (Art. 84) und einen (regelmäßig zu aktualisierenden) Bericht (Art. 85 und 86). In Artikel 83 wird unter anderem gefordert, dass

1.            das System Teil des Qualitätsmanagements ist,

2.            Daten über die Qualität, Leistung und Sicherheit über die gesamte

               Lebensdauer aktiv gesammelt und ausgewertet werden,

3.            die Daten insbesondere für folgende Zwecke verwendet werden:

               a.            Aktualisierung des Risikomanagements

               b.            Aktualisierung von Kennzeichnung (inkl. Gebrauchsanweisung)

               c.            Aktualisierung der klinischen Bewertung

               d.            Aktualisierung des Kurzberichts über Sicherheit und klinische

                              Leistungsfähigkeit (Artikel 32)

               e.            Ermittlung von evtl. notwendigen Maßnahmen

               f.             Verbesserung der Gebrauchstauglichkeit

              g.             Gegebenenfalls als Beitrag zur Überwachung anderer Produkte

              h.             Erkennung und Meldung von Trends.

Der zweite Abschnitt „Vigilanz“ wurde bereits kurz umrissen und befasst sich mit den Aktivitäten im Falle von schwerwiegenden Vorkommnissen, Korrekturmaßnahmen im Feld und Trends in Richtung derselben.

Der dritte Abschnitt „Marktüberwachung“ ist an die zuständigen Behörden gerichtet – ein Blick in den Abschnitt lohnt sich aber trotzdem immer.

Die PMS dient der Sicherstellung von Leistungsfähigkeit und Sicherheit des Medizinprodukts nach seiner Markteinführung. Ein zentrales Element der PMS ist der „Regelmäßig aktualisierte Bericht über die Sicherheit“ (Periodic Safety Update Report – kurz PSUR) (Artikel 86), der die Informationen aus der Marktüberwachung (Reklamationen, Trends, Meldungen etc.) bündelt. Dieser Bericht wird entweder jährlich (ab Klasse IIb) oder zweijährlich (IIa) aktualisiert. Für Klasse-I-Medizinprodukte wird nur ein bei Bedarf zu aktualisierender Bericht gefordert.

Einen weiteren Baustein der PMS stellt das „Post Market Clinical Follow-up“ (PMCF) dar. Die Hersteller sind in der MDR dazu verpflichtet, für jedes Medizinprodukt einen klinischen Leistungsnachweis zu erbringen – sprich: Der Hersteller muss planen, ob die in der klinischen Bewertung verfügbaren Daten ausreichend sind im Sinne der Nachbeobachtung oder ob weitere Nachbeobachtungsstudien durchzuführen sind, und wenn ja, welcher Art sie sein sollen. Da sich das Risikoprofil, die Sicherheit und Leistung des Medizinprodukts auch nach Inverkehrbringen ändern können, ist eine Aktualisierung der klinischen Daten und somit auch des PMCF-Plans als Schnittstelle zwischen klinischer Bewertung und PMS über den gesamten Lebenszyklus des Medizinprodukts erforderlich.

Welche regulatorischen Anforderungen können herangezogen werden?

Zum einen finden sich bisherige regulatorische Anforderungen, die Sie übergangsweise natürlich auch noch anwenden können: MEDDEV Guidelines rund um PMS, klinische Bewertungen und klinische Studien sowie die Norm EN ISO 14155. Im Rahmen der MDR finden sich bereits im Gesetzestext selber detaillierte Vorgaben zu den Anforderungen, und neben der EN ISO 14155 zur Durchführung klinischer Studien ist jedoch auch ein Dokument durch die ISO und die zuständigen Normausschüsse zum Thema PMS in Arbeit, das ISO/AWI TR 20416.

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Ebenfalls gut zu wissen

Weder der Sicherheitsbeauftragte noch die Verantwortliche Person dürfen durch ihre Arbeit benachteiligt werden.

Nach der MDR müssen kleine und Kleinstunternehmen keine Verantwortliche Person einstellen, aber ständig eine zur Verfügung haben. Berücksichtigen Sie jedoch den Aspekt des unangekündigten Audits! Die Rolle der Verantwortlichen Person muss auch nicht von einer Person getragen, sie darf auf mehrere Schultern aufgeteilt werden.

In diesem Beitrag wurde nur ein Teil der Aufgaben der verantwortlichen Person nach MDR betrachtet (Artikel 15 [c] und [d]). Die Punkte zur Konformitätsprüfung der Medizinprodukte und der technischen Dokumentation gehören jedoch ebenfalls zum Aufgabenspektrum der VP. Wird es Ihnen zu unübersichtlich? Auch hier beraten wir Sie gerne mit unserer langjährigen Erfahrung.

 

Bitte beachten Sie, dass alle Angaben und Auflistungen nicht den Anspruch der Vollständigkeit haben, ohne Gewähr sind und der reinen Information dienen.