Im Rahmen des OEM-PLM Verfahren bringen Unternehmen Produkte unter ihrem Namen in Verkehr, die sie nicht selbst hergestellt haben. Dieses Verfahren war eine bewährte Vorgehensweise unter der MDD. Doch mit der MDR kommen einige Änderungen, die weitreichende Auswirkungen auf das OEM-PLM Verfahren haben. In diesem Artikel zeigen wir Ihnen, was es damit auf sich hat.

OEM, PLM – was bedeutet das alles?

Als Original Equipment Manufacturer („Originalhersteller“) wird ein Unternehmen bezeichnet, das fertige Produkte für einen PLM produziert, eine Konformitätsbewertung durchläuft, aber meist nicht als Hersteller im Sinne des Medizinprodukterechtes auftritt.

Als Private Label Manufacturer (oft auch „Quasihersteller” benannt) wird ein Unternehmen bezeichnet, das als Hersteller im Sinne des Medizinprodukterechtes auftritt und eine CE Kennzeichnung erlangt, aber nicht selber produziert. Die Produkte werden vom PLM nicht oder nur unwesentlich verändert, sie werden in der Regel nur beschafft, gelagert und unter eigenem Namen vertrieben.

Wie funktioniert das OEM-PLM Verfahren?

Unter der MDD war das OEM-PLM Verfahren eine große Erfolgsgeschichte. Es erfolgt entlang dieser Schritte:

  1. Der OEM entwickelt das Medizinprodukt nach den vorgegebenen Standards und dokumentiert zulassungsreif unter seinem QMS

  2. Der OEM produziert das Medizinprodukt zulassungsreif unter seinem QMS

  3. Der OEM lässt die Medizinprodukte unter seinem Namen zu, verkauft jedoch meist keine Produkte an Anwender, d.h. tritt nicht am Markt auf

  4. Der PLM lässt die Medizinprodukte in einem vereinfachten Verfahren unter seinem Namen zu

  5. Der PLM kauft die Medizinprodukte vom OEM und bringt sie als eigene Medizinprodukte unter seinem Namen in Verkehr

Aber: Own Brand Labelling ist durch die MDR stark erschwert, das bisherige OEM-PLM Verfahren unter der MDR auch nicht mehr zulässig.

Aktuell gibt es nur begrenzte Optionen für PLMs auch künftig OEM-Produkte unter ihrem eigenen Label auf den Markt zu bringen. Dazu müssen PLMs den OEM wie einen Lieferanten behandeln und die technische Dokumentation gemäß Artikel 10 selbst aufsetzen.

Alternativ dazu kann der PLM auch als Händler des OEM auftreten. Dabei hätte der PLM einen sehr geringen regulatorischen Aufwand, jedoch wird der PLM nicht als legaler Hersteller wahrgenommen, sondern eben nur als Händler. Artikel 16 der MDR ist bei dieser Vorgehensweise hilfreich.

Artikel 22 der MDR kann unter Umständen als Lösung für Systeme und Behandlungseinheiten herangezogen werden. Er ist interessant für den Fall, dass der PLM mehrere Produkte (verschiedener) OEMs gemeinsam in Verkehr bringt.

Zwischenlösung Virtual Manufacturing

Durch die bereits vor der MDR verstärkten Regulierungsvorschriften der EU ist das Konzept des Virtual Manufacturing aufgekommen. Es soll zu höherer Transparenz und stärkerer Überwachung der beteiligten Akteure verhelfen. Ein entsprechendes MHRA Guidance Dokument „Virtual Manufacturing replaces Own Brand Labelling for medical device manufacturers” wurde im März 2017 veröffentlicht. Insbesondere britische Benannte Stellen, wie die BSI sind an die Beachtung dieser Guidance gebunden. Beim Virtual Manufacturing werden OEM und PLM beide als legale Hersteller betrachtet und unangekündigte Audits für kritische Lieferanten und Unterauftragnehmer können durchgeführt werden. Doch auch dieses Konzept besteht nur unter den Vorgaben der MDD und nicht der MDR. Somit ist sein Fortbestand ungewiss.

Wie geht es nun weiter?

Von Seiten der EU gibt es bislang kein eindeutiges Statement zu dieser Thematik. Abgesehen vom Gesetzestext der MDR gibt es keine verbindlichen Aussagen zu der Thematik.

Unabhängig von den Ergebnissen weiterer Diskussionen und Nachverhandlungen sind OEM-PLM Konstrukte nach dem alten Prinzip z.B. nach EK-MED 3.9 B16 definitiv hinfällig. Betroffene Firmen sollten in jedem Fall mit ihrem OEM und ggfs. auch der Benannten Stelle in Kontakt treten um mögliche Lösungen zu finden. Hierbei können vertragliche Lösungen zum Austausch technischer Dokumentation unter gleichzeitiger Wahrung des geistigen Eigentums das Mittel der Wahl darstellen.

Die weitere Entwicklung wird sich vermutlich erst nach Geltungsbeginn der MDR im Mai 2020 zeigen und von den ersten Praxiserfahrungen abhängig sein. Wenn Sie bereits jetzt handeln wollen, wenden Sie sich an uns. Gerne erarbeiten wir, die seleon GmbH, mit Ihnen und Ihrem Partner ein Konzept zum Erhalt Ihrer Geschäftsgrundlage.

 

Bitte beachten Sie, dass alle Angaben und Auflistungen nicht den Anspruch der Vollständigkeit haben, ohne Gewähr sind und der reinen Information dienen.