Ende November 2018 berichteten wir bereits darüber, inwieweit die EU-Kommission geringfügige Änderungen an der MDR veranlassen darf und wo Sie sich über delegierte Rechtsakte informieren können (Delegierte Rechtsakte/Nov. 2018). Wie versprochen folgt nun Teil 2: substanzielle Änderungen der MDR gemäß den Durchführungsrechtsakten. Also die großen Brüder der delegierten Rechtsakte. Wir fragen uns: Was sind die aktuellen Gegebenheiten? Welche Artikel in der MDR sind betroffen, und wie kann eigentlich die EU-Kommission geplante Durchführungsrechtsakte erlassen?

Der aktuelle Stand: Bald sind zwei von drei Jahren der Übergangsfrist der neuen MDR vergangen, und noch immer ist nicht klar, welche genauen Änderungen vorgenommen werden. Bislang gibt es keine final erlassenen Durchführungsverordnungen zur MDR, obwohl für die reibungslose Implementierung eine Vielzahl nötig wäre. Der aktuelle Stand der Entwürfe lässt sich über das Komitologie-Register für Durchführungsrechtsakte nachverfolgen, und die Entwürfe sind auf Anfrage ggf. einsehbar. Folgende Entwürfe wurden bislang erstellt:

  1. Preliminary draft of a future Commission Implementing Regulation on Common Specifications for the reprocessing of single-use medical devices

  2. Preliminary draft of a future Commission Implementing Regulation on the list of codes and corresponding types of devices for the purpose of specifying the scope of the designation as notified bodies in the field of medical devices and in vitro diagnostic medical devices

  3. COMMISSION IMPLEMENTING REGULATION on the list of codes and corresponding types of devices for the purpose of specifying the scope of the designation as notified bodies in the field of medical devices under Regulation (EU) 2017/745 of the European Parliament and of the Council and in vitro diagnostic medical devices under Regulation (EU) 2017/746 of the European Parliament and of the Council

Entwurf Nummer 3 wurde am 23. November 2017 nach erneuter Vorlage unter „Durchführungsverordnung (EU) 2017/2185 der Kommission“ angenommen und betrifft das Codeverzeichnis für die Bestimmung des Geltungsbereichs der Benennungen einer benannten Stelle.

Erlass von Durchführungsrechtsakten nach dem Prüf- und Beratungsverfahren

Der Erlass von Durchführungsrechtsakten unterliegt in der MDR gemäß Artikel 114 entweder einem Beratungsverfahren oder einem Prüfverfahren. Im Falle äußerster Dringlichkeit kann es auch zu einem sofortigen Erlass kommen, der aber in einem nachgelagerten Prüf- oder Beratungsverfahren wiederum aufgehoben werden kann.

Im Beratungsverfahren berät sich der Ausschuss über einen zu erlassenden Durchführungsrechtsakt. Gegebenenfalls wird abgestimmt. Beim Prüfverfahren, das im Rahmen der MDR primär Anwendung findet, stimmen die Vertreter der Mitgliedsstaaten in einem Ausschuss über den Erlass des vorgesehenen Durchführungsrechtsakts ab. Die Kommission muss die mitgeteilte Stellungnahme dann berücksichtigen. Es kann durchaus vorkommen, dass keine Stellungnahme abgegeben wird. In diesem Fall kann die Kommission den Rechtsakt erlassen, sofern der Rechtsakt keine Risikothemen, (z. B. die Besteuerung, den Schutz der Gesundheit oder der Sicherheit etc.) betrifft und der Basisrechtsakt eine Änderung ohne Stellungnahme nicht ausschließt.

Die MDR jedoch schließt diese Möglichkeit aus, es kann also zu keinem Erlass kommen, sondern nur zu einer erneuten Vorlage des Entwurfs. Weitere Regelungen zur Kontrolle der Durchführungsrechtsakte sind in VERORDNUNG (EU) Nr. 182/2011 beschrieben.

Durchführungsrechtsakte nach dem Beratungsverfahren

Tatsächlich gibt es nur einen einzigen Artikel, der dem einfachen Beratungsverfahren unterliegt, nämlich:

  • Artikel 32(h): Festlegung zu Art und Aufmachung der Datenelemente, die der Kurzbericht über Sicherheit und klinische Leistung aufweisen muss

Durchführungsrechtsakte nach dem Prüfverfahren

Alle weiteren Durchführungsrechtsakte, die in der MDR vorgesehen sind, unterliegen dem Prüfverfahren:

  • Artikel 4: Festlegung des Status als Medizinprodukt oder Zubehör durch die Kommission auf Ersuchen eines Mitgliedsstaates

  • Artikel 5 (6): Verbindliche Auslegungen zum Anhang I, MDR

  • Artikel 9 (1): Erlass von „Gemeinsamen Spezifikationen“ als Ersatz oder Ergänzung harmonisierter Normen zur Konkretisierung der Anforderungen des Anhang I, der in den Anhängen II und III aufgeführten technischen Dokumentation, der in Anhang XIV aufgeführten klinischen Bewertung und der klinischen Nachbeobachtung nach dem Inverkehrbringen oder die in Anhang XV aufgeführten Anforderungen an klinische Prüfungen

  • Artikel 27: Benennung von Stellen zur Erteilung von UDI und Detailregelungen zum Vergabesystem

  • Artikel 33 (8): Einrichtung und Pflege von Eudamed

  • Artikel 36: Anforderungen an Benannte Stellen, Ergänzungen zur einheitlichen Auslegung und Umsetzung des Anhangs VII

  • Artikel 39 (10): Antrag und Bewertung auf Zulassung als Benannte Stelle

  • Artikel 42 (13): Festlegung von Codes zu Arten von Medizinprodukten, damit diese den Verantwortlichkeiten der Benannten Stellen zugeordnet werden können

  • Artikel 45 (6): Durchführung und Dokumentation der Prüfung der Technischen Dokumentation und der klinischen Bewertung durch die Benannten Stellen

  • Artikel 47(3): Einschränkung, Aussetzung oder Entziehung der Autorisierung einer Benannten Stelle, wenn ein Mitgliedsland nicht seinen Überwachungspflichten zu der Benannten Stelle nachkommt

  • Artikel 48 (5): Mechanismus der gegenseitigen Begutachtung sowie die Schulung und Qualifizierung von für Benannte Stellen zuständigen Behörden

  • Artikel 5 1(3, 4 und 5): Nach Anhörung der Koordinierungsgruppe Medizinprodukte: Klassifizierung nach Anhang VIII, Änderung der Zuordnung von Produkten oder Produktgruppen, Änderung der Regeln

  • Artikel 52 (14) Detaillierungen zur Durchführung des Konformitätsbewertungsverfahren: Häufigkeit und Grundlage der Stichproben bei der Bewertung der technischen Dokumentation auf repräsentativer Basis, Mindesthäufigkeit unangekündigter Audits, physikalische und Laboruntersuchungen

  • Artikel 59 (3): Ausweitung für begrenzte Zeit, einer durch einen einzelnen Mitgliedsstaat erteilten Ausnahmegenehmigung für ein Produkt

  • Artikel 60: Erstellung einer Vorlage für Freiverkaufszertifikate

  • Artikel 61 (13): Regelungen zur einheitlichen Anwendung des Anhangs XIV

  • Artikel 70 (9): Regelungen zur einheitlichen Auslegung und praktischen Anwendung des Anhangs XV, Kapitel II (Antrag auf klinische Prüfung)

  • Artikel 78(7): Regelung von Verfahren und Fristen für koordinierte Bewertungen von klinischen Prüfungen (multinationale Studien mit Antrag des Sponsors auf das koordinierte Verfahren)

  • Artikel 81: Einheitliche elektronische Formulare für die Anträge auf Genehmigung klinischer Prüfungen und ihre Bewertung, Funktionsweise des elektronischen Systems zur Erfassung und Bewertung von klinischen Prüfungen, einheitliche elektronische Formulare für die Meldung klinischer Prüfungen nach dem Inverkehrbringen, Informationsaustausch zwischen den Mitgliedsstaaten, einheitliche elektronische Formulare für die Meldung schwerwiegender unerwünschter Ereignisse und von Produktmängeln, Fristen für die Meldung schwerwiegender unerwünschter Ereignisse und von Produktmängeln unter Berücksichtigung der Schwere, einheitliche Anwendung der Anforderungen an den klinischen Nachweis oder Daten, die für den Nachweis der Einhaltung der grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen gemäß Anhang I erforderlich sind

  • Artikel 91: PMS und Vigilanz, detaillierte Vorkehrungen und Verfahrenselemente

  • Artikel 96: Verfahren zur Bewertung nationaler Maßnahmen auf Unionsebene: Entscheidungsverfahren bei unterschiedlicher Bewertung von Maßnahmen zwischen den Behörden der Mitgliedsstaaten

  • Artikel 97: Vereinheitlichung bestimmter Maßnahmen bei Nichtkonformität

  • Artikel 98 (3): Präventive Gesundheitsschutzmaßnahmen nach Absprache mit der Koordinierungsgruppe Medizinprodukte

  • Artikel 106 (1): Benennung von Expertengremien für die Begutachtung der klinischen Bewertung und Leistungsbewertung von IVD bzw. (7): Benennung von Fachlaboratorien, (13) Gebühren für diese Tätigkeiten

  • Artikel 112: Erstattungsfähige Gebühren für die gemeinsame Begutachtung von Benannten Stellen

Sie sehen, auch die EU macht es sich nicht leicht mit ihrem Änderungswesen. Entwürfe, Absprachen und letztlich die Freigabe durch die beteiligten Länder und/oder EU Institutionen sind auch hier notwendig. Und es liegt noch eine Menge Arbeit vor der EU, um für eine reibungslose Implementierung zu sorgen.

Wenn Sie noch Unterstützung bei der Einführung der MDR-Anforderungen oder eines auf Sie zugeschnittenen Änderungswesens benötigen, können Sie sich gerne vertrauensvoll an uns wenden. Wir sorgen dafür, dass Sie auch in Zukunft mit allen bekannten und kommenden Anforderungen der MDR konform sind.

Bitte beachten Sie, dass alle Angaben und Auflistungen nicht den Anspruch der Vollständigkeit haben, ohne Gewähr sind und der reinen Information dienen.