MDR und Harmonisierung

Bislang gab es noch keine Harmonisierung zwischen Normen und der Medizinprodukteverordnung 2017/745 (MDR). Dies hatten wir bereits in unserem Beitrag Basiswissen zu Harmonisierten Normen thematisiert.
Seit Oktober 2020 liegt nun bereits ein „standardisation request“ der europäischen Kommission vor, in dem Normen genannt sind, die unter der MDR oder IVDR harmonisiert werden könnten.

Jeder, der sich in der Vergangenheit regulatorisch mit Medizinprodukten beschäftigt hat, wird uns zustimmen, dass eine Harmonisierung von Normen eine feine Sache ist. Man kann einfach eine harmonisierte Norm aus der Schublade ziehen, kurz in den „Anhang Zx“ schauen, inwieweit die Norm geeignet ist, die jeweiligen grundlegenden Anforderungen und die Normvorgaben zu erfüllen, und damit aufzeigen, dass man die entsprechenden grundlegenden Anforderungen der jeweiligen europäischen Richtlinie oder Verordnung erfüllt (zusammengefasst als „Konformitätsvermutung“).

Allerdings dürfte das noch eine Weile dauern, denn die genannte Deadline für die Umsetzung des „standardisation request“ ist der 27. Mai 2024.

Einfach die bestehenden Normen verwenden, die bereits mit der Medizinprodukte-Richtlinie 93/42/EWG harmonisiert waren, geht auch nicht, denn leider gibt es ja im Amtsblatt der Europäischen Union vom 25. März 2020 folgenden Satz:

„Die harmonisierten Normen für Medizinprodukte, die zur Unterstützung der Richtlinie 93/42/EWG erarbeitet wurden und in den Anhängen I und II dieses Beschlusses aufgeführt sind, dürfen nicht dazu herangezogen werden, die Vermutung der Konformität mit den Anforderungen der Verordnung (EU) 2017/745 zu begründen.“

So, und was heißt das jetzt?

Uns erreichte das Statement einer Benannten Stelle, das in eine andere Richtung weist:

„Es wäre zu den verwendeten IEC/ISO/EN-Normen eine Betrachtung anzustellen, in der nachgewiesen wird, dass die jeweilige Norm geeignet ist, die entsprechenden Grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen der MDR abzudecken.“

Sollen wir uns jetzt alle einen eigenen „Anhang Zx“ für jede verwendete Norm schnitzen?

Und welche Normausgaben sollen verwendet werden? Was ist, wenn die bisher harmonisierte EN-Norm schon seit Jahren veraltet ist und einem die neuere ISO- oder IEC-Norm bessere Lösungen aufzeigt?

Dazu sagt der erste Punkt der GruSuLa:

„Die Produkte erzielen die von ihrem Hersteller vorgesehene Leistung und werden so ausgelegt und hergestellt, dass sie sich unter normalen Verwendungsbedingungen für ihre Zweckbestimmung eignen. Sie sind sicher und wirksam und gefährden weder den klinischen Zustand und die Sicherheit der Patienten noch die Sicherheit und die Gesundheit der Anwender oder gegebenenfalls Dritter, wobei etwaige Risiken im Zusammenhang mit ihrer Anwendung gemessen am Nutzen für den Patienten vertretbar und mit einem hohen Maß an Gesundheitsschutz und Sicherheit vereinbar sein müssen; hierbei ist der allgemein anerkannte Stand der Technik zugrunde zu legen.

Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass ein Normungsgremium, das sich die Mühe gemacht hat, eine Norm zu erstellen, wirklich einen akzeptablen Stand der Technik abbilden wollte. Der geneigte Anwender einer harmonisierten Norm weiß auch, dass die Normen wie bereits erläutert nicht alles Machbare darstellen können, jedoch einen soliden Stand darstellen.

Eigentlich sollten ja sogenannte Gemeinsame Spezifikationen („Common Specifications“) zusätzlich für mehr Klarheit sorgen. Normen sind keine Gesetze, und es müssen sich immer Freiwillige finden, die diese Arbeit für die Allgemeinheit erledigen. Daher sind die Normung sowie die Harmonisierung meist eine langfristige Aufgabe. Aber auch bei den Common Specifications (CS) der Commission geht es nicht so recht vorwärts: Mit Stand Dezember 2020 gibt es sage und schreibe eine CS – wirklich nicht sehr aufbauend für Hersteller und andere Wirtschaftsakteure, die ab Mai 2021 die MDR umsetzen sollen.

MDCGs gibt es dafür schon einige, die auch Klarheit schaffen, wir haben an dieser Stelle auch hierüber bereits berichtet.

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Bitte beachten Sie, dass alle Angaben und Auflistungen nicht den Anspruch der Vollständigkeit haben, ohne Gewähr sind und der reinen Information dienen.