In der komplexen Welt der Medizinprodukteherstellung spielt das „Claims Management“ (Gezielte Handhabung von werblichen Aussagen) eine wichtige Rolle bei der Gewährleistung der Kundenzufriedenheit und der Einhaltung von Vorschriften. Eine entscheidende Komponente dieses Prozesses ist die Erstellung und Verwaltung der Gebrauchsanweisung (IFU), die wichtige Informationen über die sichere und wirksame Verwendung von Medizinprodukten enthält. Bei der Erstellung dieser Gebrauchsanweisung stellen sich jedoch häufig bestimmte Fragen, insbesondere im Hinblick auf die Veröffentlichung in einem digitalen Format, die Erfüllung der „Zweckbestimmung“, die Gewährleistung der Gebrauchstauglichkeit und die Bestimmung der Notwendigkeit einer Übersetzung. In diesem Artikel gehen wir auf all die Fragen ein und versuchen, Herstellern von Medizinprodukten, die auf den europäischen Markt abzielen, Einblicke und praktische Anleitungen zu geben.
Claims Management – was ist das?
Im Sinne der MDR / IVDR ist ein „Claim“ eine Behauptung des Medizinprodukteherstellers über sein Medizinprodukt. Dabei handelt es sich laut Artikel 7 der MDR / IVDR vordergründig um „Angaben“, die im Zusammenhang mit werblichen Aussagen getätigt werden. Sie stehen in direkter Verbindung mit der klinischen Leistung des Medizinprodukts. Jede vom Hersteller aufgestellte Behauptung muss nachgewiesen werden und darf nicht im Widerspruch zur festgelegten Zweckbestimmung, zur Sicherheit und Leistung des Produkts sowie zum klinischen Nutzen stehen. Wenn es um das Claims Management geht, sollte die Zweckbestimmung des Medizinprodukts als der zentrale, führende Claim verstanden werden. Alle anderen Aussagen, die gemacht werden – z.B. in Marketingmaterialien, bei Schulungen oder bei der Erstellung der technischen Spezifikationen – müssen sich im Rahmen dieses ersten und zentralen „Claims“ – der Zweckbestimmung – bewegen. Und wo halte ich diese Zweckbestimmung fest? Die sollte in der technischen Dokumentation eindeutig erfasst werden, wie es in Anhang II der MDR und der IVDR unter Abschnitt 1.1 festgelegt ist. Und auf der Grundlage dieses Dokuments ist sie auch ein wesentlicher Bestandteil der Gebrauchsanweisung. Und jede andere Angabe, die im Marketingmaterial, auf der Website oder in einem anderen produktbezogenen Dokument oder einer Erklärung gemacht werden soll, muss als Teil der technischen Spezifikationen ebenfalls unter Abschnitt 1.1 aufgeführt werden und ist durch die Anforderungen an die technische Dokumentation des Anhangs II in den Kapiteln 6.1 und 6.2 nachzuweisen – meistens als Teil des klinischen Nachweises. Das Claims Management verlangt also von einem Hersteller, dass er die Behauptungen über sein Produkt in der technischen Dokumentation definiert, dass er nachweist, dass jede Behauptung wahr ist, und dass er das Produkt nur im Rahmen der gemachten Claims vermarktet, für die ein ausreichender Nachweis erbracht werden kann.
Werbung und Claims
Wenn man ein Produkt auf den Markt bringt, ist es selbstverständlich, dass man es auch bewirbt. Dies gilt auch für Medizinprodukte. Im Allgemeinen darf die Werbung niemals irreführend oder unwahr sein. Für Medizinprodukte jeglicher Art sind die Anforderungen sogar noch spezifischer. Artikel 7 sowohl der MDR als auch der IVDR legt fest, welche Art und Weise nicht akzeptabel ist, wenn es um Claims geht. In der Gebrauchsanweisung oder auf dem äußeren Erscheinungsbild eines Medizinprodukts neigen die meisten Hersteller nicht dazu, irreführende Angaben zu machen. Sobald jedoch die Marketingstrategie einschließlich des Marketingmaterials oder der Präsentation des Produkts auf der Website festgelegt wird, scheint es für einige Hersteller eine schwierige Herausforderung zu sein, sich an die festgelegte Zweckbestimmung zu halten. So könnten einige versucht sein, zu behaupten, dass das Produkt „schneller als die Konkurrenz“ oder „weniger schmerzhaft als früher“ ist – zwei Claims, die sehr vorsichtig behandelt werden müssen, um nicht unter Artikel 7 zu fallen. Um dies zu verhindern, muss jeder Claim anhand relevanter Daten nachgewiesen werden, die der Hersteller in seiner technischen Dokumentation zusammengestellt hat, einschließlich ausreichender klinischer Nachweise, die in der klinischen Bewertung des Medizinprodukts ermittelt, bewertet und analysiert wurden. Kleine Anmerkung: Je innovativer das Produkt ist, desto länger dauert es, alle relevanten Daten zu ermitteln. Entweder haben Sie also eine kurze Zeit bis zur Marktreife mit wahrscheinlich wenig Innovation oder Sie haben eine echte Innovation, die Sie für sich beanspruchen können, was mehr Zeit bis zum Markteintritt bedeutet. Ein Verstoß sowohl gegen Artikel 7 als auch gegen zusätzliche nationale Vorschriften (wie das deutsche Heilmittelwerbegesetz) kann nicht nur zu Absatzproblemen, sondern auch zu Geldbußen oder noch drastischeren Strafen führen.
Wie gehe ich mit der „bestimmungsgemäßen Verwendung“ in der Gebrauchsanweisung um?
Die Definition und genaue Darstellung der „bestimmungsgemäßen Verwendung“ eines Medizinprodukts ist ein grundlegender und obligatorischer Aspekt der IFU. Die bestimmungsgemäße Verwendung beschreibt den Zweck des Produkts, die Zielgruppe und die spezifischen Indikationen für die Anwendung. Die Hersteller von Medizinprodukten müssen die bestimmungsgemäße Verwendung sorgfältig bewerten und dokumentieren, um sicherzustellen, dass sie klar ist und mit dem Design und den Fähigkeiten des Produkts übereinstimmt. Eine enge Zusammenarbeit zwischen den Teams für Regulatory Affairs, Technik und Marketing ist unerlässlich. Darüber hinaus kann die Zusammenarbeit mit medizinischem Fachpersonal und die Durchführung von Benutzertests wertvolle Erkenntnisse zur Optimierung der Sprache, des Layouts und der Anleitung in der Gebrauchsanweisung liefern, um sicherzustellen, dass die Benutzer die bestimmungsgemäße Verwendung des Produkts vollständig verstehen. Die Hersteller sollten sicherstellen, dass die Zweckbestimmung klar und genau ist und mit den gesetzlichen Anforderungen und klinischen Erkenntnissen übereinstimmt.
Wie kann die IFU benutzerfreundlich gestaltet werden?
Benutzerfreundlichkeit steht bei der Gebrauchsanweisung an erster Stelle. Anwender, einschließlich Angehöriger der Gesundheitsberufe und Patienten, sind auf klare Anleitungen angewiesen, um sich bei der sicheren und wirksamen Anwendung von Medizinprodukten zurechtzufinden. Um die Benutzerfreundlichkeit zu erhöhen, sollten die Hersteller eine einfache Sprache verwenden, d. h. klare und prägnante Anweisungen ohne Fachjargon oder Zweideutigkeiten. Die Verwendung von visuellen Hilfsmitteln wie Diagrammen, Illustrationen und Schritt-für-Schritt-Anleitungen kann das Verständnis erheblich verbessern. Diese Anforderungen sind in der Medical Device Regulation (23.2) enthalten. Darüber hinaus kann die Einbeziehung des Feedbacks der Endnutzer während des Entwicklungsprozesses dazu beitragen, verbesserungswürdige Bereiche zu identifizieren und sicherzustellen, dass die Gebrauchsanweisung für die Zielgruppe zugänglich und nutzbar ist. Weitere wichtige Anforderungen an die Gebrauchstauglichkeit finden sich in den Normen EN IEC/IEEE 82079 und EN 62366. Und wenn ein Claim direkt mit den vom Benutzer auszuführenden Schritten verknüpft ist, ist eine Validierung im Rahmen von Gebrauchstauglichkeitstests ein MUSS.
Muss ich die Gebrauchsanweisung übersetzen?
Die kurze Antwort lautet: Ja. Gemäß der europäischen Gesetzgebung ist es generell erforderlich, die Gebrauchsanweisung von Medizinprodukten in die Amtssprachen der Länder zu übersetzen, in denen die Produkte vermarktet und verwendet werden sollen. Die Übersetzung der Gebrauchsanweisung ist jedoch auch entscheidend für die Gewährleistung einer korrekten Kommunikation und der Sicherheit des Anwenders – einschließlich aller angegebenen Claims und der möglicherweise zugrunde liegenden Interpretation derselben in der jeweiligen Sprache. Daher sollten sich die Hersteller stets der sprachlichen und kulturellen Nuancen bewusst sein und professionelle Übersetzungsdienste in Anspruch nehmen, die auf medizinische und technische Dokumentation spezialisiert sind. Es sei darauf hingewiesen, dass die genauen Sprachanforderungen in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten leicht variieren können. Daher ist es wichtig, die spezifischen Vorschriften und Richtlinien des jeweiligen Landes zu beachten, in dem Sie Ihr Medizinprodukt vermarkten möchten. Schließlich kann die Zusammenarbeit mit Fachleuten aus dem jeweiligen Land bei der Bewertung und Anpassung des Inhalts helfen, um sicherzustellen, dass er den lokalen Vorschriften entspricht und die sprachlichen Anforderungen der Endnutzer erfüllt.
Kann ich die IFU in einem digitalen Format veröffentlichen?
Diese Frage wird nach wie vor häufig gestellt, und das überrascht nicht. Das Aufkommen der digitalen Technologie hat viele Branchen verändert, auch das Gesundheitswesen. Infolgedessen haben Hersteller von Medizinprodukten damit begonnen, die Möglichkeit zu prüfen, IFUs in einem digitalen Format zu veröffentlichen. Digitale IFUs bieten zwar zahlreiche Vorteile, wie z. B. bessere Zugänglichkeit, Kostenreduzierung, Durchsuchbarkeit und Flexibilität, dennoch müssen die Hersteller sich mit den gesetzlichen Anforderungen auseinandersetzen und deren Einhaltung sicherstellen. Diese Anforderungen sind über verschiedene europäische Rechtsquellen verstreut, was es manchmal schwierig macht, sie zu finden. Eine, die wir nicht übersehen dürfen, ist die EU-Verordnung 2021/2226 über elektronische Gebrauchsanweisungen für Medizinprodukte. Diese Verordnung erweitert die Verordnung 2017/745 über Medizinprodukte (MDR) und beschreibt unter anderem, welche Art von Produkten für eine digitale Gebrauchsanweisung in Frage kommen, welche Elemente durch eine dokumentierte Risikobewertung abgedeckt werden sollten und wann die Gebrauchsanweisung auch auf einer Website erscheinen sollte.
Unterstützung für Hersteller
Claims Management und IFU-Entwicklung sind eng miteinander verknüpft, und es ist für Hersteller von Medizinprodukten von größter Bedeutung, sich mit den wichtigsten Fragen rund um die IFU zu befassen. Durch einen umfassenden Ansatz, der regulatorische Richtlinien, Anwender-Feedback und Best Practices der Branche berücksichtigt, können Hersteller den Anwendern eine sichere und effektive Nutzung von Medizinprodukten ermöglichen. Spezialisierte Unternehmen wie seleon und INSTRKTIV helfen Herstellern, ihre Risiken zu verringern und ihre Marktposition durch Beratung und Unterstützung zu verbessern. Bitte beachten Sie, dass alle Angaben und Auflistungen nicht den Anspruch der Vollständigkeit haben, ohne Gewähr sind und der reinen Information dienen.