… wenn diese ein Medizinprodukt sein sollen

Der medizinische Kompressionsstrumpf als Medizinprodukt der Klasse I unterliegt strengen Vorgaben. Hersteller müssen einiges berücksichtigen: Unter anderem ist es unerlässlich, die Konformität mit der Medizinprodukterichtlinie/-verordnung zu bewerten und zu klären. Handelt es sich nicht um eine Sonderanfertigung, muss außerdem abschließend ein CE-Zeichen auf dem Produkt aufgebracht werden. Um die Konformität erklären zu können, ist der Hersteller dafür verantwortlich, eine Technische Dokumentation und ein QM-System vorzuhalten, um alle relevanten grundlegenden Anforderungen nachweislich erfüllen zu können. Teil dieser Anforderungen ist der wirksame Nachweis, dass ein Produkt alle relevanten Sicherheits- und Qualitätsanforderungen erfüllt und die jeweils geforderten Produktmerkmale aufweist. Prüfungen als neutraler Nachweis der Wirksamkeit sind also von entscheidender Bedeutung.

Wer prüft medizinische Kompressionstextilien?

Als einzige autorisierte Prüfstelle der RAL-Gütezeichengemeinschaft Medizinische Kompressionsstrümpfe e. V. führt der Prüfdienstleister Hohenstein diese Prüfungen akkreditiert durch. Hersteller erhalten damit einen neutralen Nachweis über die Wirksamkeit ihrer medizinischen Kompressionsartikel, z. B. zur Behandlung venöser und lymphatischer Erkrankungen (Krampfadern, chronische Veneninsuffizienz, Ulcus cruris). Hohenstein prüft u. a. nach den Vorgaben der RAL-GZ 387/1 (medizinische Kompressionsstrümpfe) und RAL-GZ 387/2 (medizinische Kompressionsarmstrümpfe).

Was wird am Strumpf geprüft?

Hohenstein prüft Medizinprodukte nach den gesetzlich vorgeschriebenen Standards sowie darüber hinaus optionale Parameter, z. B. zur Bestätigung von Produktclaims. Auf Kundenwunsch werden auch individuelle Prüfaufbauten angefertigt.

Verpflichtend ist für jeden Kompressionsstrumpf die Prüfung des Druckverlaufs, der immer von der gewünschten Wirkung des Textils abhängt. Der Druckverlauf von Kompressionsware wird mit dem eigens von Hohenstein entwickelten HOSYcan Prüfgerät ermittelt. Anwendungsnah kann zusätzlich die Prüfung des Kompressionsverlaufs auch dynamisch durchgeführt werden. Dabei simuliert das Prüfgerät die Umfangsveränderungen, die durch Bewegung entstehen. Weitere ergänzende Prüfungen zielen auf mögliche Veränderungen des Druckverhaltens während Ruhephasen oder den Einfluss von Überdehnungen (Ausleiern) ab.

Was muss noch geprüft werden?

Neben der Prüfung der Kompressionswirkung ist die Biokompatibilität eine Grundvoraussetzung für den Nachweis der Sicherheitsanforderungen an das Produkt. Hier kann z. B. im Rahmen der Normenreihe DIN EN ISO 10993 die Zytotoxizität des Produkts bestimmt werden. Kompressionstextilien werden in der Regel über viele Stunden täglich getragen und sollten daher möglichst biokompatibel sein. Mittels der Prüfung soll eine Zellschädigung ausgeschlossen werden. Dies wird anhand von kultivierten Hautzellen im Labor untersucht.

Fehlen noch Prüfungsanforderungen?

Zu den oben genannten unerlässlichen Prüfungsmerkmalen kommen noch weitere, die nachfolgend aufgeführt werden, hinzu:

  • Mikroklima: Zur Aufnahme ins Hilfsmittelverzeichnis sollte das Mikroklima zwischen Haut und Strumpf in einem bestimmten Bereich liegen. Dies kann mithilfe des Hohenstein Hautmodells gemessen werden.

  • Schadstoffe: Ist ein Kompressionsprodukt mit dem Label STANDARD 100 by OEKO-TEX® ausgezeichnet, wurden alle Bestandteile auf Schadstoffe geprüft. Auch diese Daten sind z. B. in der Risikoanalyse nutzbar und sind Voraussetzung für die Vergabe der RAL-GZ. 387.

  • Geruchsmanagement: Werden Kompressionstextilien mit speziellen, den Schweißgeruch hemmenden Komponenten versehen, so kann deren Wirksamkeit u. a. mit einem Schweißsimulat oder auch durch Probandenversuche untersucht werden.*

  • Passform: Die Körpermaße sind die Grundlage für eine gute Passform. Wie sich Bewegung auf die Maße auswirkt, wird mit 3-D- und 4-D-Scannern untersucht.

  • Antimikrobielle Wirksamkeit: Wird das Produkt lange direkt auf der Haut getragen, kann es sinnvoll sein, es z. B. speziell gegen Bakterien und Viren auszurüsten. Diese antimikrobiellen Eigenschaften können durch uns auf ihre Wirksamkeit geprüft werden.*

  • Allergien/chemische Irritationen: Manche Substanzen, die sich aus Textilien beim Tragen freisetzen, können Allergien oder chemische Irritationen auslösen. Allergieauslösendes Gefahrenpotenzial wird durch die Beurteilung des Sensibilisierungspotenzials objektiv eingeschätzt.

  • Pflegeeigenschaften: Aus hygienischen Gründen und auch zur Erhaltung der Spannkraft ist es notwendig, Kompressionstextilien oft zu waschen. Um die entsprechende Langlebigkeit zu gewährleisten, müssen bestimmte Qualitätskriterien schon bei der Auswahl der textilen Materialien eingehalten werden.

* die Verwendung bestimmter Materialien wie zum Beispiel Nanomaterialien, Silberzusätzen, Arzneimitteln usw führt zu einer Höherklassifizierung. So werden betroffene Produkte unter Umständen gemäß MDR je nach Risiko zu Klasse IIa, IIb oder III Produkten – unabhängig von der eigentlichen Zweckbestimmung.

Darf’s noch was sein?

Wenn Sie bis hier gelesen haben, ganz sicher. Vielleicht war Ihnen bislang nicht bewusst, dass Ihr Produkt den Anforderungen an Medizinprodukte unterliegt? Oder Ihnen fehlen ausreichende Kapazitäten, um die Nachweise zeitnah zu erbringen? Sie möchten Ihr Produkt in Zukunft gerne als Medizinprodukt ausloben und in Verkehr bringen? Dann nehmen Sie mit uns oder Hohenstein Kontakt auf. Wir begleiten Sie gerne gemeinsam auf dem Weg durch ein korrektes Konformitätsbewertungsverfahren.

Link zur Webseite https://www.hohenstein.de/de/kompetenz/gesundheit/

Bitte beachten Sie, dass alle Angaben und Auflistungen nicht den Anspruch der Vollständigkeit haben, ohne Gewähr sind und der reinen Information dienen.

Aufgrund der sich schnell verändernden Lage im Rahmen der Covid-19-Pandemie kann es kurzfristig zu veränderten gesetzlichen oder regulatorischen Vorgaben kommen, die wir nicht tagesaktuell abbilden können.